Die alte Kommode Namens „Hannin“

 

Hannin war keine gewöhnliche Kommode. Aus kräftigem Holz gebaut, mit tiefen Schubladen und einer Oberfläche, die vom Leben gezeichnet war, stand sie ganze fünfzig Jahre lang in der Jagdhütte im Val d’Uina. Dort oben, wo der Wind durch die Bäume rauscht, wo Schnee und Eis das Land still machen und wo die Sonne golden über dem Waldrand klettert, dort stand die alte Kommode. Sie war Zeugin von langen Winternächten, vom Knistern des Kaminfeuers und von Jägern, die mit müden Schritten hereinkamen, Ihre Bergschuhe abstellten und Jagdgeschichten erzählten. Die Kommode hörte alles.

 

Geschichten von Hirschen im Nebel, von Gamsböcken in den Felsen, von vielen Stunden im Hochsitz und von der Freundschaft, die unter Männern und Frauen in der Stille des Waldes wächst. Sie hörte auch das Lachen, das Knarren der Dielen, das Öffnen und Schliessen ihrer eigenen Schubladen.

 

Nun, nach 50 Jahren, hat die Kommode einen neuen Platz gefunden. Nicht mehr in der kalten, rauen Jagdhütte, sondern in einer warmen Küche, wo gekocht und gelacht wird. Dort, wo Feriengäste Ihren Urlaub verbringen und zur Ruhe kommen. Jetzt trägt sie frische Tücher, Geschirr oder ein altes Rezeptbuch. Die Hände, die sie jetzt berühren sind neu - aber der Respekt für sie ist spürbar. Denn man merkt:

Dieses Möbelstück hat eine Seele. Vielleicht erzählt sie die Geschichten nicht mehr laut. Vielleicht sind es nur leise Gedanken in den Ritzen des Holzes. Aber wer ganz genau hinsieht- und vielleicht die Hand sanft auf Ihr Holz legt - der kann sie fühlen: Die Erinnerung an Schnee, an Feuer, an Jagd, an die Zeit in Val d’Uina.

 

Und so wird die Kommode Hannin weiterleben. Nicht mehr als stummer Zeuge des Waldes, sondern als stiller Begleiter derer, die eine Pause vom Alltag suchen – mit einem Hauch Geschichte im Rücken.

 

Eure Kommode Hannin